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In den Bergen der
Kopfjäger

Ergänzungen zu Manipur




Mutua Bahadur und das Konzept der "Living Museums":

Mutua Bahadur ist aus Nepal und hat sich in Manipur zur Aufgabe gemacht, die Stammeskulturen zu erforschen, zu dokumentieren und zu erhalten. Dabei folgt er einem ungewöhnlichen Ansatz. Als er mit seiner Arbeit begann und die verschiedenen Dörfer besuchte, musste er erfahren, dass die Regierung Manipurs im Zuge ihrer Modernisierungsbestrebungen allen Menschen, die z.B. noch in traditionellen Häusern lebten, angeboten hatte, ihnen für den Abriss ihrer z.T. mehrere hundert Jahre alten Häuser Geld zu geben! Er empfand dies als so grotesk und destruktiv, dass er den Menschen das Doppelte bot, unter der Maßgabe, dass diese ihre Häuser stehen ließen und in Stand hielten. Die Menschen willigten ein und so ist aus seinen Bestrebungen über die Jahre eine Art "Lebendiges Museum" geworden, in dem man die Relikte andernorts vergangener Zeiten noch in ihren natürlichen Umfeldern vorfinden kann und nicht nur an einem künstlichen Ort, den ein Museum eben darstellt.


Mutua wusste, dass ein einmal verlorengegangener Aspekt einer Kultur den Anfang ihres endgültigen Verfalls bedeutet, dem letztendlich Identitätsverlust und Leere folgen. Die Situation des Landes kennend, konnte er einschätzen, dass die Menschen, die ihre eigene Kultur für Geld zerstörten, nichts finden würden, was sie an deren Stelle setzen könnten. Und Mutua dachte in Generationen – hatte er doch auch schon in anderen Teilen der Welt gesehen, wie sehr Menschen einen Kulturverlust bedauern und wie viele Vorwürfe von jüngeren Generationen entstehen können, die das schnelle Geldstreben ihrer Vorfahren möglicherweise verurteilen und gerne noch erfahren hätten, wie das Leben früher einmal war.

Ich war von diesem Ansatz sehr beeindruckt und Mutuas genaue und tiefgründige Dokumentationen der traditionellen Ausdrucksformen der Kulturen Manipurs sind in Indien fast beispiellos.



Mao an der Grenze nach Nagaland:

Mao, der knapp 1800 m hoch gelegene Grenzort nach Nagaland war weniger traditionell. Im Gegenteil: es war vielmehr eine reine Wellblechwüste! Doch Ashu empfahl, sich nicht entmutigen zu lassen, sondern zu sehen, ob es hier wie in Maram nicht auch ein etwas entlegeneres Mao-Village gäbe. Wir bogen also von der Hauptstraße ab und fuhren Richtung Osten. Die hier liegenden Dörfer waren noch höher als Mao und es war richtig kalt. Zuerst erreichten wir Rodungnamei, wo uns Mädchen schwer beladen mit Feuerholz entgegenkamen, das sie in spitzen, über die Stirn gespannten Körben trugen. Sie waren in die charakteristischen Tücher der Mao gekleidet – schwarz mit roten und grünen Seitenstreifen. Ein paar Häuser dieses Dorfes waren an ihren Fronten noch mit den traditionellen Schnitzereien verziert – Büffelköpfe mit stilisierten Köpfen zwischen den Hörnern – und an einem entdeckten wir großartige Arbeiten. Menschliche Figuren mit ausladendem Federschmuck, daneben stilisierte menschliche Köpfe und Schnäbel des Nashornvogels. Ein alter Mao-Naga gesellte sich zu uns, als wir die Kunstwerke fotografierten und erzählte Ashu, dass wir noch ein bisschen weiter fahren sollten nach Pudungnamei. Dort gäbe es noch viele Ahnensteine und ein großartiges Haus. Wir bedankten uns bei dem Alten und saßen wieder im Jeep.

Die Auffahrt zum Dorf auf ungeteerter Piste ließ uns sofort erkennen, was der Mann gemeint hatte: Eine Anordnung von riesigen Steinblöcken ragte, von einer Pinie beschattet, grandios über einen Abhang hinaus. Ein paar grob behauene Stufen führten hinauf zu der flachen Steinsammlung, die wohl einst der Ratsversammlung des Häuptlings und der Ältesten gedient hat. Welch eine Anstrengung muss es wohl bedeutet haben, all diese Quader hier herauf zu bekommen, dachte ich bei mir – ein Eindruck, der sich beim Gang durchs Dorf bestätigte, das voll war mit weiteren großen Megalithen.

Doch unweit von der steinernen Versammlungsstätte steht das eindrucksvollste Zeugnis der alten Kultur der Mao: Das Haus des Häuptlings. Es ist das eindrucksvollste Naga-Haus, das ich bisher gesehen habe. Ca. 5 m hoch mit weit ausladendem Schrägdach, überragt es die anderen Häuser des Dorfes. Seine Dachfronten sind in rotbrauner Naturfarbe angestrichen und seine Giebel bilden die für die südlichen Naga-Gruppen typischen "Haushörner", das weithin sichtbare Zeichen dafür, dass hier jemand lebt, der eine Serie von Verdienstfesten für seine Gemeinschaft veranstaltet hat. Davon künden auch die Motive an der Hausfront, mit denen die Paneele dieses Hauses über und über und in wunderbar kunstvoller Form beschnitzt sind. Vier Reihen von schwarzweißen Büffelköpfen mit rotbraunen Ohren, zwischen denen menschliche Köpfe im selben Rotbraun schweben, reichen vom Fußboden bis unter den Dachfirst. Auf einem vorgelagerten Querbalken des Daches finden sich weitere Köpfe sowie stilisierte Quadrate, die ein Motiv verkörpern, das mir später in Nagaland noch häufig begegnen sollte – die "Feindeszähne".

Gerne hätten wir den Besitzer des Hauses ein wenig befragt, doch dieser war gerade in Imphal um bei der Regierung die seinem Dorf zustehenden Zuwendungen einzufordern, die diesem nun seit zwei Jahren vorenthalten worden waren. So begaben wir uns zurück nach Mao, denn wir hatten heute noch eine Strecke zu überwinden, die einen Traum in Erfüllung gehen lassen sollte, den ich schon so lange geträumt hatte und von dem wir nun nur noch ein paar Kilometer entfernt waren: Nagaland!





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